Warum habe ich eigentlich, bei manchen Menschen, ein so schlechtes Gewissen dabei „NEIN“ zu sagen? Ich könnte mir manchmal echt in den Allerwertesten beißen, wenn ich daran denke, wie oft ich mich über mich ärgere, nur weil ich mich wieder von jemandem habe für etwas einspannen lassen, was so absolut nicht meine Baustelle ist.
Versteh‘ mich nicht falsch – ich helfe gern und meist auch freiwillig und aus vollem Herzen! Aber es gibt Situationen, da weiß ich ganz klar: Ich habe keinen Bock und ich habe Wichtigeres zu tun!
Doch dann schaffe ich es einfach nicht, ehrlich zu sein und „nein“ zu sagen?
Wo kämen wir denn hin, wenn jeder nur machen würde was er will? So funktioniert Gesellschaft und Zusammenleben nun mal nicht!
Das ist ein Gedanke der einen Seite der Gedanken-Medaille. Die steht in solchen Momenten aber in Kontrast zu meiner anderen inneren Überzeugung, dass die Welt ein besserer Ort wäre, wenn wir genau das schaffen würden: Wenn jeder auf sich achten und tun würde, was ihm oder ihr Spaß macht.
Das ist genau das Problem?
Irgendwo in der Mitte wird ein Schuh daraus. Doch leider ist die Mitte keine Wahl, in solchen Situationen. Was also tun?
Lass mich dazu ein Beispiel machen:
Ich werde von einer Person gebeten, ein Paket bei der Post abzuholen. Kein großes Ding und eigentlich kein Problem. Dennoch schreit mein Inneres: Mach‘ es doch selbst!
Genau jetzt beginnt die Quälerei!
Ich verfluche mich, dass ich diesen Impuls habe, verdamme mich gleichzeitig dafür, ein schlechter Mensch zu sein, denn schließlich ist es doch schön, dass diese Person mich in ihr Leben einbezieht, oder?
Ich sollte doch eigentlich freudestrahlend mit „Ja klar“ antworten und dann singend und springend zur Post laufen.
Tue ich aber nicht!
Was „abgeht“
Was wirklich innerlich passiert ist, ich werde bockig, ich will nein sagen und fühle mich genötigt etwas zu tun. Meine Stimmung verdunkelt sich, aber meist bekommt das die Person gar nicht in vollem Umfang mit (was gut ist), denn was ich tatsächlich kommuniziere ist: „Ok“ (wenn auch mürrisch, denn lächelnd schaffe ich sowas persönlich nie).
Wenn ich aber tatsächlich keine Lust auf die Tätigkeit hätte, dürfte das nicht von der Person anhängen, die mich nach dem Gefallen fragt, oder?
Was steckt also wirklich dahinter?!
Wenn ich es schaffe, in einer solchen Situation (oder zuminderst im Anschluss) darüber nachzudenken, weshalb ich das nicht machen möchte, hat das oft wenig damit zu tun dass ich keine Zeit habe oder keine Lust habe die entsprechende Tätigkeit oder den Gefallen umzusetzen sondern es dreht sich um – wie soll es anders sein: DIE BEZIEHUNG!
Warum wird meine Zeit weniger Wert geschätzt? Warum werde ich nicht ernst genommen?
Lass mich dir ein Beispiel geben:
Zu Beginn meiner Selbständigkeit habe ich so wenig Geld verdient – es war so unterirdisch, ich hätte fast schon jemanden bezahlt, um mich zu bezahlen … doch dafür hatte ich keine Kohle. Entsprechend hatte ich auch nicht wirklich viel tatsächliche Arbeit. Mein Telefon klingelte nicht ununterbrochen und ich war mehr damit beschäftigt zu säen, statt zu ernten. Das führte jedoch dazu dass mein Umfeld glaubte ich würde nichts tun. Ob ich also eine Stunde früher oder weniger anfing mit etwas oder zwischendurch eine Stunde mehr oder weniger pausierte war also für die „anderen“ gänzlich Schnuppe und damit hatten sie theoretisch vielleicht auch recht.
Wenn also jemand sagte: Ich habe heute frei, verbringst du den Tag mit mir? oder „Kannst du das Päckchen bei der Post abholen?“ waren das Fragen die man mir stellte, weil die Wahrscheinlichkeit hoch war, dass ich Zeit habe für solche Dinge.
Was bei mir ankam
Was bei mir aber ankam war: „Was du tust ist unwichtig bzw. nicht so wichtig wie das was ich tue, daher solltest du das Paket abholen oder deine Zeit besser mit meiner Bespassung verbringen!“
Das bedeutet, wir sind alles andere als in einer respektvollen und wertschätzenden Beziehung zueinander und ernst genommen werde ich auch nicht. Dass ich DA innerlich die Decke hochgehe kann man da vermutlich schon eher nachvollziehen, oder?
Lösung?
Es hat eine Weile gedauert und manchmal, wenn auch sehr selten kommen diese Gefühle auch heute noch hoch. Manchmal schaffe ich es Menschen darauf hinzuweisen, denn was ich auch gelernt habe ist, dass es nicht immer eine Fehlinterpretation meinerseits ist.
Wir alle stellen uns in unserem Leben in den Mittelpunkt und das ist gut so! Doch einige Menschen machen sich einfach immer und in jedem Kontext zum Nabel der Welt. Das kann man aus ganz liebevoll auch ruhig mal thematisieren.
Aber abgesehen davon, ermöglicht mir mein Bewusstsein darüber, dass meine Reaktion vielleicht auf einer Fehlinterpretation beruht, die Möglichkeit etwas über mich zu lernen.
Was macht mich unsicher? Wo kann ich wachsen? Wo fühle ich mich nicht gesehen, weil ich mich vielleicht selbst nicht anerkenne, wertschätze und sehen für das was ich tue? Wenn ich nämlich glaube dass was ich tue wertvoll ist, kann ich auch ein Paket abholen ohne gleich Grundsatzfragen zu stellen.
Vielleicht bin ich aber auch sauer, weil die fragende Person dreist genug ist zu fragen, schließlich erlaube ICH mir das nie! Darf man das überhaupt? Macht man sowas? Meine Werte, Urteile und Richtschnüre werden also schwer durcheinandergewirbelt und ich weiß gar nicht welchen Maßstab ich gerade ansetzen soll. Das verwirrt!
Die Frage ist also: Wie stehe ich zu mir und wie möchte ich sein?
Wie stehe ich also zu mir und welcher Trigger von außen, stößt mich auf die Punkte mit denen ich mit mir nicht im „reinen“ bin? Und wer und wie möchte ich unabhängig vom Tun und Lassen anderer sein? Statt ausrasten ist also bearbeiten und hinschauen angesagt.
Mit der Frage: Wie will ich sein schaffe ich oftmals die Kurve. So kann ich mich auch immer häufiger (irgendwann nach all meiner inneren Aufregung) freuen, dass jemand mich zu seinem „inner Circle“ zählt und sich daher vielleicht etwas „weltnabelig“ verhält.
Denn diese Person hat offenbar innerlich nicht die Frage stellt: „Darf ich das überhaupt fragen?“ Das ist ein schöner Liebesbeweis …irgendwie 🙂 zumindest entscheide ich mir das genauso zu erklären 😉 … dann schlendere ich zur Post und hole das Paket ab. Dass ich im Anschluss ein „danke“ erwarte und mich wieder ärgere, wenn das nicht erfolgt steht auf einem anderen Blatt 🙂 …
Erlebe deine Welt und denke daran, dass deine Lieben dir eigentlich nichts Böses wollen.